The Archive Talks mit Andrea David von Filmtourismus
Ob James Bond, Game of Thrones oder Pretty Woman: Die Instagrammerin Andrea David reist an Drehorte und passt dort Szenen aus berühmten Filmen anhand von Fotos in die Landschaft ein. Das gefällt nicht nur Will Smith. Travellers Archive hat sie zum Interview getroffen.
Andrea David ist Filmliebhaberin und entfacht die Liebe zum Film jeden Tag aufs Neue. Nicht nur ihre eigene, sondern auch die von 700.000 Followern ihres Instagram-Accounts Filmtourismus.
Ihre Idee, Filmszenen auszudrucken und sie am originalen Drehort wieder in die Landschaft einzubetten, ist so einfach, wie genial. Neben einer stetig wachsenden Zahl an Fans hat sie, ganz nebenbei, den Begriff des Filmtourismus neu definiert. Eine Definition, die aufgrund der nie-enden-wollenden Produktion neuer Filme und TV-Serien wohl selbst auch kein Ende hat und sich auch in Zukunft immer wieder neu aufladen lässt. Nämlich mit jedem neuen Oscar-Gewinner, jedem neuen Hollywood-Streifen und jeder neuen Kultserie auf Netflix und Co.
Travellers Archive hat die Filmtouristin Andrea David zum Interview getroffen und herausgefunden, woher sie ihre Inspiration nimmt.
Buch-Tipp
Andrea hat übrigens 2022 ihr eigenes Buch (Amazon) auf den Markt gebracht. Worum es geht? Natürlich um Filmtourismus.
TRAVELLERS ARCHIVE: Filmtourismus, das hört sich ja schon sehr professionell an. Wie bist du auf den Namen gekommen?
ANDREA DAVID: Unter Filmtourismus versteht man alle Reisen, die aufgrund von Filmen und Serien gemacht werden, und das war das Thema meiner Diplomarbeit während meines Tourismusstudiums in München. Durch die Recherchen während dieser Arbeit bin ich erst so richtig auf den Geschmack gekommen, regelmäßig selbst an Drehorte zu reisen, und irgendwann wollte ich meine gesammelten Infos mit anderen Filmfans teilen. Die Domain Filmtourismus.de war noch frei und so habe ich 2007 angefangen, darunter meine ersten Artikel online zu stellen, wodurch eine kleine Drehort-Datenbank entstand, die sich nach und nach zu einem Reiseblog entwickelte.
Klar habe ich seither immer mal wieder überlegt, den Namen in einen fancy Blogtitel wie „Setjetter’s Paradise“ oder so etwas in der Art umzutaufen, aber dann hätte ich auf der Seite erst einmal erklären müssen, worum es eigentlich geht. Bei dem ohnehin sehr speziellen Thema wollte ich den Namen dann doch möglichst einfach halten.
TRAVELLERS ARCHIVE: In welchem Moment hattest du die Idee zu Filmtourismus? Gab es einen Auslöser? Einen Magic Moment?
ANDREA DAVID: Den Magic Moment hatte ich schon vor meinem Studium auf einer Schottland-Reise. Ich war total verzaubert von der Landschaft und den alten Burgen. Aber einmal live die Orte zu sehen, die ich schon aus Filmen wie „Highlander“ oder „Braveheart“ kannte, hat noch einmal alles getoppt. Ich fand es magisch, wie die Orte mit ihrer filmischen Geschichte aufgeladen waren und somit noch intensiver auf mich wirkten. Diese Mischung aus Fiktion und Realität faszinierte mich.
TRAVELLERS ARCHIVE: Was ist deine besondere Beziehung zum Thema Film?
ANDREA DAVID: Filme sehe ich genau wie das Reisen nicht nur als Alltagsflucht, sondern auch als Horizonterweiterung. Zudem mochte ich schon immer gerne Geschichten und das Eintauchen in andere Welten. Die Magie der Filme geht bei mir auch beim Blick hinter die Kulissen, also zum Beispiel bei Studiotouren oder Setbesuchen, nicht verloren. Im Gegenteil, zu sehen, was für eine Power und Kreativität hinter den Produktionen steckt und wie viele Leute darin involviert sind, macht das Thema Film für mich nur noch spannender und beeindruckender.
TRAVELLERS ARCHIVE: Film und Tourismus: Ein Thema, das in der Vergangenheit zum Beispiel dazu führte, dass eine Bucht in Island nach einem Justin-Bieber-Dreh komplett gesperrt werden musste, weil der Andrang zu stark war. Wie stehst du zu diesem Thema?
ANDREA DAVID: Das Beispiel mit dem Justin-Bieber-Musikvideo geht meiner Meinung nach noch über den Filmtourismus hinaus und zeigt, wie schnell einzelne Orte heutzutage insgesamt durch hohe Reichweiten in den Medien populär werden können. Die Popularität alleine wäre in diesem Fall übrigens weniger ein Problem gewesen, hätten die Justin-Bieber-Fans nicht, wie er selbst in dem Musikvideo, die vorgegebenen Wege verlassen und damit die Umgebung dort geschädigt, was schließlich zur Sperrung führte. Das Thema geht also im Prinzip jeden was an, der über Reiseziele berichtet oder diese in den sozialen Netzwerken präsentiert: Reiseblogger, Influencer, Journalisten, Stars, Filmemacher etc. sollten schon darüber nachdenken, wie man einen Ort präsentiert, da dies einen großen Einfluss auf andere hat.
Natürlich gibt es auch im Filmtourismus Negativbeispiele, wie beispielsweise in Thailand, wo der Strand aus „The Beach“ große Berühmtheit erlangte und jahrelang jeder, der eine Bootstour dorthin anbieten wollte, das auch tun konnte. So wurde nicht nur das Erlebnis der Touristen im Gedränge geschmälert, sondern auch die Natur ist zu Schaden gekommen. Ich finde es sehr gut, dass man im letzten Jahr endlich die Reißleine gezogen und den Strand nun erst einmal komplett gesperrt hat, damit sich vor allem die Korallenriffe erholen können. Auf der anderen Seite gibt es weltweit viele Beispiele von Orten, denen es ohne den Filmtourismus wirtschaftlich weitaus schlechter gehen oder die es gar nicht mehr geben würde. Tourismus ist mal Fluch, mal Segen.
TRAVELLERS ARCHIVE: Unterscheiden sich Filmtouristen zu „normalen“ Touristen?
ANDREA DAVID: Eigentlich nicht, denn die Filmtouristen sind je nach Film oder Serie auch sehr unterschiedlich. Der eine schaut z.B. „Bergdoktor“, der andere „Breaking Bad“. Dass der Film alleiniger Anlass einer Reise ist, kommt zudem eher selten vor, sondern es vermischt sich häufig mit anderen Reisemotiven.
Einen Unterschied gibt es aber oft im Blick auf scheinbar banale Orte, die für Filmtouristen aufgrund ihrer filmischen Bedeutung zu Sehenswürdigkeiten werden. Die Orte bekommen durch ihre Rolle im Film, eine besondere Aura, aber natürlich nur für die, die den Drehort erkennen. Filmtouristen sehen als manchmal mehr…
TRAVELLERS ARCHIVE: Was waren anfangs deine Pläne mit Filmtourismus? Wo wolltest du hin?
ANDREA DAVID: Ganz zu Anfang wollte ich einfach nur ein Thema haben, bei dem ich Lust habe, mich sechs Monate lang damit in meiner Abschlussarbeit zu beschäftigen. Jetzt sind es insgesamt schon 15 Jahre, die mich das Thema lange erst als Hobby und seit fünf Jahren auch als Beruf begleitet. Geplant war das anfangs nicht, zumal es bei dem speziellen Thema erst einmal eine Herausforderung war, überhaupt einen betreuenden Professor zu finden. Allerdings habe ich damals schon daran geglaubt, dass es das Thema irgendwann aus der Nische herausschafft. Popkulturelle Phänomene werden, gerade in Deutschland, gerne unterschätzt.
TRAVELLERS ARCHIVE: Nach und nach wurde die Presse auf dich aufmerksam – sogar weltweit – und du gehörst mittlerweile zu Deutschlands aufstrebendsten Instagram Accounts. Hast du das erwartet?
ANDREA DAVID: Die Presse hat sich tatsächlich schon immer für das Thema interessiert, aber das meine Fotos auf Instagram so bekannt werden und ich irgendwann internationalen Medien, wie CNN oder Lonely Planet, Interviews geben werde, das hat dann doch meine kühnsten Erwartungen überstiegen. Und auch wenn jetzt hin und wieder die Bilder in einzelnen Ländern viral gehen, fühlt sich das sehr surreal an.
TRAVELLERS ARCHIVE: Wie reagierst du auf die Foto-Wünsche deiner Follower? Gehst du auf sie ein?
ANDREA DAVID: Die Wünsche der Follower und Leser sind für mich wichtiger Input, um zu sehen, welche Produktionen gerade besonders gefragt sind. Gerade, wenn etwas häufiger erwähnt wird, versuche ich auch meine Reisen entsprechend zu planen. Ich habe dadurch auch schon viele Filme und Serien geschaut, die jetzt nicht unbedingt auf meiner Watch List standen, sowie tolle Orte entdeckt. Alle Wünsche kann ich bei der Masse aber leider nicht erfüllen.
TRAVELLERS ARCHIVE: Wie planst du deine nächsten Fotos? Gehst du nach Popularität der Film- und TV-Produktionen?
ANDREA DAVID: Wie gesagt, spielen die Nachrichten, die ich von Followern und Lesern bekomme, eine große Rolle. Und natürlich auch, welche Kooperationen gerade laufen. Wichtigster Leitfaden ist für mich aber nach wie vor, was mir persönlich gefällt, und das möchte ich mir auch unbedingt bewahren. Daraus speist sich meine Leidenschaft für die Filmreisen und ohne die würde mir sicher irgendwann die Luft ausgehen. Da ich sowohl Filme als auch Serien schaue, decke ich aber vermutlich ohnehin schon vieles ab. Und hin und wieder gibt es auch Gastartikel von anderen Reisebloggern auf der Seite.
TRAVELLERS ARCHIVE: Planst du deine Reisen mittlerweile nur in Bezug Film- bzw. TV-Produktionen oder gibt es auch Reisen, die gar nichts mit dem Thema Film zu tun haben?
ANDREA DAVID: Bei meinen privaten Reisen versuche ich das Thema auch hin und wieder auszuklammern, um nicht immer im Recherchier-Modus zu sein. Es kommt jedoch auch vor, dass mich das Thema dann einholt und ich zufällig an einem Ort lande, an dem gerade gedreht wurde.
TRAVELLERS ARCHIVE: Hand aufs Herz, wie viel Aufwand steckt in einem Foto?
ANDREA DAVID: Vor jeder Reise mache ich mir zur Vorbereitung eine „Watch List“ mit Filmen und Serien, die am jeweiligen Reiseziel gedreht wurden. Während ich diese ansehe, suche ich dann passende Filmszenen heraus und mache Screenshots. Manchmal sind es aber auch Pressefotos. Es kam sogar schon mal vor, dass mir ein Hotel die Fotos bereits vorbereitet und im Zimmer hinterlegt hat. Da war ich total baff. Im Normalfall brauche ich mindestens drei bis vier Tage, bis eine Recherchereise vorbereitet ist, meistens wird eine ganze Woche daraus. Vor Ort beginnt die Suche nach dem genauen Drehort und je nach Motiv benötige ich etwa 5 bis 15 Minuten bis dann das Bild im Kasten ist…
TRAVELLERS ARCHIVE: Was war die schwierigste oder herausforderndste Location-Suche in der Geschichte von Filmtourismus?
ANDREA DAVID: Puh, da gibt es viele, aber da fällt mir gerade die Bucht ein, die am Ende des Films „Planet der Affen“ zu sehen war. Es ist die berühmte Filmszene, in der Charlton Heston aufgrund der Freiheitsstatue erkennt, dass sie die ganze Zeit über auf der Erde waren. Ich wusste in etwa welcher Strand in Malibu das sein muss. Aber als ich dann vor Ort war, sah es überhaupt nicht so aus wie auf dem Szenenfoto, das ich mit hatte. Über Google Maps habe ich dann entdeckt, dass es noch eine weitere Bucht dahinter gibt, über die man aber nur durch eine kleine Klettertour gelangte. Als ich es endlich dorthin geschafft habe, musste ich mir jedoch erst noch einmal die komplette Filmszene ansehen, um sicher zu sein, dass es sich um den richtigen Ort handelt. Erst beim dritten Mal habe ich dann endlich einen der markanteren Felsen wiedererkannt, der Rest wurde im Film stark verändert. Sowas kommt immer wieder mal vor. Auf den Spuren von „The Revenant“ musste ich mit einem Schneemobil einen steilen Berg hochfahren und dann knietief durch den tiefen Schnee stapfen, für einen „Harry Potter“-Drehort bin ich stundenlang durch die schottischen Highlands geirrt, mit vielen Mücken im Schlepptau.
TRAVELLERS ARCHIVE: Auch Filmschaffende wie zum Beispiel Schauspieler folgen deinem Instagram-Account. Macht dich das stolz?
ANDREA DAVID: Stolz ist das falsche Wort, aber ich zitiere ja häufig deren Werk und wenn die Regisseure oder Schauspieler dann wiederum meine Arbeit gut finden, freut mich das natürlich riesig. Hin und wieder melden sich auch Location Scouts größerer Produktionen bei mir und erzählen Hintergrundgeschichten zu einem Drehort. Ich finde den Austausch auf Instagram innerhalb der Filmbranche super, da man mit den meisten auf Augenhöhe kommunizieren kann. Darüber konnte ich auch schon Schauspieler für Interviews gewinnen oder Regisseure direkt nach Drehorten fragen.
TRAVELLERS ARCHIVE: Was waren deine größeren Highlights?
ANDREA DAVID: Zu meinen ganz persönlichen Highlights gehören Jason Reitman, Regisseur des nächsten „Ghostbusters“-Films, Ian Ziering, den ich noch aus der Serie „Beverly Hills, 90210“ kenne und Ed Helms, der vor allem durch die „Hangover“-Filme bekannt wurde. Viele Leute, haben mir begeistert geschrieben, dass Troian Bellisario unter meinen Followern ist. Sie hat 12 Millionen Follower, aber ich musste tatsächlich erst einmal selbst recherchieren, wer das ist. Ich denke, die meisten kennen sie aus „Pretty Little Liars“. Mein „größter“ Follower ist wohl das Empire State Building! 😉
TRAVELLERS ARCHIVE: Welcher Filmstar aus Hollywood müsste dich ebenso adeln, damit der Olymp für dich erreicht ist?
ANDREA DAVID: Ich habe mir da niemanden Bestimmtes als Follower als Ziel gesetzt. Dagegen gibt es eine ganze Reihe an Leuten, die ich gerne einmal interviewen würde, Regisseure wie Christopher Nolan, Quentin Tarantino oder in Deutschland Fatih Akin. Als Filmfan gibt es natürlich auch ein paar Schauspieler, die ich unheimlich gerne mal persönlich treffen würde. Ein Bierchen mit Matt Damon oder Bradley Cooper, das wär’s!
TRAVELLERS ARCHIVE: Kam es auch einmal zu einem Treffen mit einem Filmemacher oder einem Schauspieler?
ANDREA DAVID: Ja, schon häufiger zum Interview mit deutschen Schauspielern, wie z.B. Florian David Fitz, Matthias Schweighöfer, Andreas Pietschmann oder Sebastian Bezzel. Bei einer Pressereise zum Jubiläum der Serie „Dallas“, habe ich Patrick Duffy (Bobby) und Linda Grey (Sue Ellen) auf der Southfork Ranch getroffen und gesprochen. Da ich die Serie schon als Kind schauen durfte, war das eine für mich eine ganz besondere Begegnung. Da schwang jede Menge Nostalgie mit!
TRAVELLERS ARCHIVE: Was war das größte Kompliment, das du jemals in Bezug zu Filmtourismus bekommen hast?
ANDREA DAVID: „This is the most wonderful thing I have ever seen. It makes me really happy whenever I scroll through your feed. A truly inspiring, entertaining and touching page.“ Das größte Kompliment ist es, für mich immer, zu hören, dass jemand durch die Bilder nicht nur inspiriert, sondern auch berührt ist.
TRAVELLERS ARCHIVE: Du stellst mittlerweile auch Cover von Musikalben nach. Wo geht die Reise von Filmtourismus noch hin? Planst du mit anderen Sparten der Unterhaltung?
ANDREA DAVID: Das mache ich eher aus Spaß, als dass da ein Plan dahintersteckt. Ab und zu nehme ich auch historische Bilder. Das Konzept dahinter ist dann nicht Fiktion und Realität miteinander zu verbinden, sondern Vergangenheit und Gegenwart. Ich finde, es einfach toll, die Orte in einem Bild ihre Geschichten erzählen zu lassen.
TRAVELLERS ARCHIVE: Was darf man in Zukunft noch von dir erwarten? Wo willst du mit Filmtourismus noch hin?
ANDREA DAVID: Ich plane ein eigenes Produkt für Filmtouristen zu kreieren. Dazu habe ich schon sehr viele Ideen und bin selbst gespannt, welche am Ende das Rennen macht.
Falls sich eine Möglichkeit ergibt, würde ich zudem gerne einmal eine Auswahl meiner Bilder für eine Ausstellung zur Verfügung stellen. Online wurden die Bilder schon auf vielen Kunstseiten präsentiert, aber offline fände ich noch schöner.
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