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Kamaka Ukulele: Eine zart besaitete Familiengeschichte

Wenn Fred beginnt, seine Geschichten zu erzählen, wird es warm in dem kleinen Vorzimmer der Fabrik von Kamaka Ukulele. Hier werden seit 1916 die kleinen, für Hawaii typischen Instrumente mit viel Liebe zum Detail per Hand gefertigt – das wird sich so schnell auch nicht ändern.

Kamaka Ukulele Hawai'i steht für Qualität und Tradition

Fred von Kamaka Ukulele träumte von einer Karriere, vom großen Geld und von einem Weg, den er mit seiner eigenen kleinen Familie alleine gehen wollte. Doch es kam alles anders. Die Sonne knallt, dabei ist es gerade einmal halb elf Uhr morgens. Der dichte Verkehr, der sich sonst durch die Straßen von Honolulu auf Oahu in Hawaii zieht, hat langsam abgenommen. In einer kleinen Seitenstraße, die von der Hauptstraße der hawaiianischen Hauptstadt abgeht, ist es menschenleer. Wir öffnen die Tür zu einem Laden, der von außen wenig spektakulär wirkt. Noch nicht einmal einen Namen oder ein Logo findet man an der Ladenfront.

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Von 1916 bis heute: Bei Kamaka Ukulele wird Tradition großgeschrieben

Über der Tür klingelt die Glocke. Reinschleichen kann man sich hier also nicht. Eng ist es und vollgepackt. „Seid ihr für die Führung da?“, fragt eine nette Stimme hinter dem hohen Tresen. Sie stammt von einem Mädel, nicht älter als 25. Vielleicht ist sie auch viel älter und nur der hawaiianische Charme hat sie so jung bleiben lassen, die Umgebung, die Sonne, die entspannte Einstellung der Menschen, die hier leben.

Fred Kamaka (Wikipedia) steht hinter einer Vitrine. Seine Hände sind mit Altersflecken übersät, seine Haare strahlend weiß. Der Scheitel sitzt, die Locke auch. Sein kurzärmliges, hellblaues Hemd ist mit bunten Blumen dekoriert und lässt seine sowieso schon braune Haut noch einmal dunkler wirken. Er trägt Hawaiihemd, klar, wie soll es auch anders sein. Seine Arme stützt er gekonnt auf den Tresen, in dem sich seine gesamte Familiengeschichte befindet – eingebettet in Holz und zart besaitet.

Fred heißt eigentlich Frederik Kamaka Senior, er ist der zweite Sohn von Sam Kamaka, der hier im Jahre 1916 erstmalig die für Hawaii so berühmten Kamaka-Ukulelen hergestellt hat. Groß ist der Laden wirklich nicht, aber warum sollte er es auch sein? Das kleine Zimmer dient einzig als kleine Ausstellung der vielen verschiedenen Formen und Farben seiner Ukulelen und auch als Bühne für Fred und seine Geschichte.

Die Stimme von Fred zittert. Aber das darf sie im Alter von 99 (!) Jahren auch. Jedes Wort klingt wohlüberlegt und steckt voller Stolz. Seine Augen strahlen durch die Brille hindurch und mit jedem neuen Satz, den er mit Anekdoten und Erinnerungen aus seiner eigenen Kindheit füllt, wird es ein bisschen wärmer im Raum.

Kamaka Ukulele ist das Lebenswerk von Fred
Die hawaiianische Kultklampfe kommt aus Freds Schmiede auf Oahu
Kamaka Ukulele Hawai'i steht für Qualität und Tradition
Kamaka Ukulele Hawaii steht für Qualität und Tradition

Kamaka Ukulele: Musik verbindet alle Nationen auf Hawaii

Fred spult zurück in die Jahre vor 1900, als Hawaii als große Zuckerrohrnation Gastarbeiter aus der ganzen Welt ins Land holte. Gastarbeiter aus China kamen, zusammen mit Zuwanderern aus Japan, Vietnam und den Philippinen. Alle nahmen sie den beschwerlichen Weg zu der pazifischen Inselgruppe auf sich, brachten ihre Sprachen, ihre Mentalitäten und ihre Küchen mit. Untereinander verständigen konnten sie sich damals nicht und so war es nur die Musik, die zum kulturübergreifenden Sprachrohr wurde, erklärt Fred und zupft dabei gedankenverloren an den Saiten einer Ukulele. Sie klingt, als hätte sie selbst etliche Geschichten auf Lager.

Tradition der Ukulele-Herstellung
Ein Bild an der Wand zeigt die Tradition der Ukulele-Herstellung

Mit den Gastarbeitern kamen auch die Portugiesen und diese brachten erste Instrumente mit auf die Inseln: Violinen, Mandolinen und Gitarren. Instrumente also, die in Europa damals schon bekannt waren. Sie wurden gespielt, produziert und sogar in Konzerten und Operetten genutzt. Auf Hawaiii gab es davon weit und breit nichts. „Wer Musik machen wollte, der schnitzte eine Kokosnuss auf und trommelte ein wenig darauf herum“, erklärt Fred und lacht dabei herzlich. So herzlich wie es nur alte Männer jenseits der 90 Jahre schaffen. Wieder wird der Raum ein Stückchen wärmer. Jedes Zitat, jeder Satz, jede kleine Anekdote bringt uns näher an Freds Familiengeschichte. Fast hat man für kurze Zeit das Gefühl, selbst Teil der Familie zu sein – so nah dran erzählt der alte Mann aus den letzten 120 Jahren. Aus den vielen Instrumenten der Arbeiter aus Portugal entwickelte sich nach und nach eine abgewandelte, etwas kleinere Form: die Ukulele. Diese wurde in verschiedenen Experimenten der Einheimischen auf gut Glück hergestellt. Die Form war damals noch ein wenig anders, doch der Klang war der gleiche. Ein Klang, der rasend schnell zum hawaiianischen Urklang wurde. Ein Klang, der nach Inselleben klingt, nach Baströckchen, vielleicht auch ein bisschen nach Meer, nach Salzwasser und nach Sand zwischen den Zehen.

Kamaka Ukulele Hawaii steht für Qualität und Tradition
Die Kamaka Ukulele aus Hawaii steht für Qualität und Tradition

Nachdem Hawaii im Jahre 1900 offiziell zum US-amerikanischen Territorium erklärt wurde, machte sich die kleine Ukulele und damit ein Stück Hawaii auf die große Reise zum Festland der USA – und mit ihr auch Freds Papa, Sam, der sich damals als erster Ukulelen-Hersteller auf Hawaii versuchte. Die Ernüchterung kam schnell.

In den USA stieß er zunächst auf wenig Begeisterung für seine Inselklampfe. Von den US-Amerikanern wurde sie sogar als Spielzeug abgestempelt. Es dauerte eine ganze Weile, bis das Interesse an dem ungewöhnlich kleinen Instrument wuchs – bis die Ukulele plötzlich cool wurde. Mit einem Mal war sie das Statussymbol aller Studenten an den namhaften Prestigeschulen. Wer keine Ukulele in der Hand hatte, gehörte nicht dazu. Der so typische Klang der Ukulele fand Einzug in die Kultur Amerikas. Sie wurde hip, so wie heute der Vollbart, der hochgesteckte Dutt und die nachhaltige Wasserflasche.

Kamaka Ukulele: Vom Instrument zum Accessoire

Das war erst der Anfang. Denn Papa Sam roch das große Geld. Er blieb eine Weile in den USA und zog dann weiter nach Europa zum Studieren. Nach fünf Jahren kehrte er nach Hawaii zurück. Im Gepäck: eine Menge Ideen, die Klänge verschiedenster Instrumente, die ihn nachhaltig inspirierten – und die ganz große Businessidee.

1916 wurde alles besiegelt. Sam gründete sein eigenes Unternehmen – Kamaka Inc. und legte damit nicht nur den Grundstein für das Symbol Hawaiis, sondern auch eine Zukunft für seine beiden Söhne, Sam und Fred. Doch die hatten darauf eher weniger Lust.

Fred führt uns durch alte Familienfotos und zeigt mit seinen knochig-zitternden Händen stolz auf sich als kleiner Junge. „Das bin ich“, gibt er zu und lässt ein verschmitztes Lächeln über sein faltiges Gesicht huschen. Unglaublich, wie ein kleiner, älterer Herr einen Raum mit einer solchen Wohlfühlatmosphäre füllen kann. Die Zeit in der Kamaka-Ukulelenfabrik vergeht dadurch wie im Flug. Wir lauschen Fred so gespannt, dass wir alles andere um uns herum vergessen.

Für die damaligen Verhältnisse hatten die Brüder Fred und Sam eine schöne Kindheit. Sie hatten ein Haus, genug zu essen und Kleidung. Dass ihr Vater die Ukulelen damals für knapp 5 Dollar auf Hawaii verkaufte und für 2,50 Dollar nach Asien verschiffte, reichte für die gesamte Familie. Schon als kleine Kinder halfen die beiden in der Fabrik aus, stimmten die Instrumente, schliffen das Holz und spielten die Ukulelen. Das können beide sehr gut – ganz im Gegensatz zu ihrem Vater. Auch in ihrem hohen Alter hat sich das kein bisschen geändert.

So sieht die Ukulele Fabrik von innen aus
So sieht die Ukuele-Fabrik von innen aus
Der Hals einer echten Ukulele in Oahu
Der Hals einer echten Ukulele in Oahu

Trotz all der Liebe zu den Ukulelen und zur Firma des Papas, war für Fred jedoch immer klar, dass er nie in das Unternehmen einsteigen würde. Er wollte etwas Anderes machen, studieren, arbeiten, Geld verdienen. Auch sein drei Jahre älterer Bruder Sam Junior sah sich nie in den Fußstapfen des Vaters. Doch eine Nacht änderte die Ansicht der beiden. Der Vater wurde krank und die damals noch jungen Männer versprachen ihrem alten Herren, auf das Unternehmen aufzupassen, es weiterzuführen, zu innovieren und die Fahne der Ukulelenfirma Kamaka weiterhin mit Würde und Stolz zu tragen.

65 Jahre, eine kleine Holzklampfe und jede Menge Geschichten

Heute steht Fred bereits seit knapp 65 Jahren als Inhaber von Kamaka Inc. hinter der Vitrine. Viermal die Woche führt er interessierte Besucher durch seine Lebensgeschichte und überprüft ab und zu die Qualität seiner Ukulelen in der Fabrik, die sich direkt hinter dem kleinen Büro befindet. Mittlerweile kostet eine Ukulele knapp 1000 Dollar und damit ein paar mehr „Bucks“ als früher, wie Fred mit einem breiten Grinsen betont. Er ist in die Fußstapfen seines Papas getreten.

Nach einer halben Stunden verabschiedet uns Fred. Er hat genug für heute. Kurz posiert er noch für ein Foto und richtet dabei seine Hand in ein lockeres „Shaka“, der ewigen Grußformel Hawaiis, und schickt uns auf weitere Entdeckungstour nach hinten in seine kleine Fabrikhalle. Wir folgen dieser Einladung und dem lauten Hämmern und Schleifen und stehen bald mitten in einem wahren Paradies für Ukulele-Liebhaber: ein Raum aus wohlig duftenden Hölzern, zarten Saiten und ab und an auch den sanften Klängen einer Ukulele. Auch hier sitzen Familienmitglieder der Familie Kamaka – an der Schleifmaschine, beim Polieren oder beim Nachbessern. Und eigentlich auch immer für den strengen Blick am Ende, erklärt uns Sohnemann Kamaka aus der dritten Generation. Kamaka ist eine Familiensaga und die Ukulele ein echtes Familienprodukt. Für so viel Tradition legen mehrere Generationen gerne Hand an. Die Familiengeschichte von Sam Kamaka wird also weitergeschrieben: mit jeder Saite, jedem Feinschliff, jedem Ton. Und genau diesen lassen sich die Chefs dann doch nicht nehmen. Denn die letzte Überprüfung der fertigen Ukulele, die übernimmt im Hause Kamaka nur einer: Sam Junior höchstpersönlich.

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